Jürg Kreienbühl ist einer der aussergewöhnlichsten Expressionisten der Schweiz. Er wurde 1932 in Basel geboren und arbeitete ab 1956 in Paris als freier Künstler. Er lebte in den Bidonvilles von Paris zusammen mit Arabern, Zigeunern und Polen. Mit einem bescheidenen Stipendium der Stadt Basel kaufte er einen kleinen, uralten Autobus, wo er nun arbeitete und lebte. Auf seinen zahlreichen Bildern, die in dieser Zeit entstanden, kann man ohne Schnörkel und gestochen scharf, die Lebensumstände in den Banlieue der 60er Jahre erkennen. Kreienbühl zeichnet ebenso ganze Abfallberge, Skelette von Tieren, Dreck und Unrat bis ins kleinste Detail, wie auch seine Bekannten und Freunde aus den Armenvierteln.1982 entdeckt er durch Zufall die geschlossene zoologische Galerie des Naturhistorischen Museums im Jardin des plantes in Paris. Dieses riesige Bauwerk aus dem 18. Jahrhundert ist zu diesem Zeitpunkt völlig verlottert, die Bretter am Boden fehlen zum Teil, die Fenster sind völlig verdreckt und die unglaubliche Präparatensammlung wird von Tag zu Tag weniger, da der öfters betrunkene Museumswärter Mamadou - auch von Kreienbühl mehrmals gezeichnet - nicht merkt, wie manche unerlaubte Besucher ihren Parisaufenthalt mit einmaligen Souvenirs ergänzen.
Auf dem oberen Bild sieht man die Grande Galerie de l'Évolution wie sie Kreienbühl 1982 vorfand. Bis 1992 entstand eine riesige Bilderserie aus diesem Museum. Kreienbühl hatte jeweils mehrere Staffeleien im gesamten Museum aufgestellt, wo er je nach Lichtverhältnissen und Tageszeit zeichnete. Auch die Nebenräume der Galerie mit tausenden von ausgestopften Vögeln oder paläntologische Funde hielt er auf Leinwand fest.
Heute ist das Museum renoviert und die Tiere stehen wieder in Reih' und Glied. Dank Kreienbühls stimmigen Bildern spielt meine Fantasie verrückt und ich habe beim Betrachten seiner Bilder aus dieser Zeit das Gefühl, dass ich mitten in diesem verlotterten Museum sitze und die Balken knacken höre und - huch - hat sich da nicht eines der Tiere bewegt...
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