Sie waren da und Solothurn steht noch.
Ganze Ströme Jugendlicher pilgerten der Aare entlang Richtung Kofmehl. Für einmal klappte das Sicherheitskonzept und die Kiddies wurden perfekt um das Wohnquartier herum geleitet. Allerdings fehlte die Absperrung vor unserem Geschäftsgebäude, aber da die Mehrheit der Konzertbesucher wohl gar noch nicht Autofahren kann und der andere Teil inzwischen auf den Parkplatz des Fitnessparks Athena ausgewichen ist, wird sich das Littering bei uns für einmal in Grenzen halten.
Die Kulturfabrik war proppevoll und beinahe ausverkauft. Bei 40 Franken pro Ticket ein stolzer Umsatz. Wieviel jedoch davon wieder in die Sanierung fliessen wird, kann man vor einem Bloodhound Gang Konzert nur schätzen.
Von den Vorbands kannte ich nur Da Sign & The Oppisite. Die ungewollten halbnackten bis besockten Special-Guest-Auftritte einzelner Mitglieder der Bloodhound Gang werden den Musikern der Vorgruppen wohl noch einige Zeit in Erinnerung bleiben. Vor allem J.J.Sinatra wird die nächsten Tage seine Freundin wohl nicht mehr beglücken können. XXL-Boxershorts, die bequem bis über die Ohren gezogen werden können, sollten ins Survival-Pack eines jeden Musiker gehören, der mit der Bloodhound Gang auf der Bühne steht.
Das Konzert hatte noch nicht angefangen, als mir eine übergewichtige Deutsche ihr Bier über die Beine leerte. "Is' halt so!" meinte sie mit einer Stimme, die an eine Kreissäge erinnerte. Sie und ihre Kollegin hängten sich an einen ebenfalls hochdeutsch Sprechenden beglatzen aber muskulösen Herren und bezirrzten ihn so, dass ich und die hübsche Dame neben mir vor lauter Störgeräusch die Musik nicht mehr hörten. Kurze Zeit später entleerte sich der Bierbecher eines weiteren Konzertbesuchers über meine Beine, wodurch meine FlipFlops und meine Füsse eine wirklich angenehme Haftung erhielten. Dieser junge Mann entschuldigte sich dann auch promt und schon hatte ich mein erstes Gratisbier in Händen und eine beschützende Rückendeckung dazu.
Als die Jungs der BHG gleich als zweites Lied "Along Comes Mary" anstimmten, war die Stimmung hot wie Jared Hasselhoffs Oberkörper. Ich frage mich schon seit Jahren, wie man so kaputt sein kann und gleichzeitig so durchtrainiert. Die Show lief eindeutig am rechten Bühnenrand. Evil Jared rieb sich sein Gemächt an den Händen der weiblichen Groupies und das Ergebnis davon hielt er gleich mit der Digicam fest. Doch auch der Rest des Saales sollte in den "Genuss" der meist entblössten männlichen Adnexen der jüngeren amerikanischen Musikgeschichte kommen. Was Haut und Bindegewebe aushalten kann, demonstrierte der Bassist dem gesamten Saal, als er eine Schnur um seine Kronjuwelen band und einen Verstärker damit quer über die Bühne zog. In seinem Fall hatten übrigens die Gegner der anabolen Muskelaufbaupräparaten nicht recht: seiner war wirklich alles andere als klein.
Ob's an ihm lag oder Teil der Show war, kann ich nicht beurteilen, aber mit Musik war nichts mehr die nächsten 10 Minuten. Männer steckten wie wild am rechten Bühnenrand wieder Stecker rein, während Evil Jared über das Bier "Number Eleven" sinnierte und zum Ergebnis kam, dass er nun 11 Jägermeister-Shots trinken wolle. Natürlich trank er sie, und die Stange Öufi-Bier gleich mit. Dann kam, was kommen musste, der gesamte Mageninhalt landete auf der Bühne. "Jägermeister, Jägermeister...", das Publikum war begeistert und konnte ungestraft jede Menge Bier nach den Mitgliedern der Band werfen. "Why you're screaming 'Jägermeister'? Does it give you a fuck tonight?" fragte Jimmy Pop die Massen und das Konzert ging endlich weiter.
Neben mir versuchte die Kreissäge wieder nach vorne zu kommen. "Mann ist das eng, da geht ja gar nix! Mein Freund ist das vorne." meinte sie zu mir, worauf ich nur sagte: "Is' halt so." Wenn die wüsste, dass ihr "Freund" inzwischen versuchte bei mir zu landen und mir erzählte er fliehe von zwei Frauen, die er gar nicht kenne.
Die Zugabe hatte es in sich, musikalische gesehen. Was nicht mehr drinn war, war Jareds Mageninhalt, der sich nochmals über die Bühne, in die Trinkbecher der ersten Reihe und Jimmy Pops Schweizer-Trikot ergoss. Trotz Tattoo und Rambo-Postur hielt das emetische Zentrum in des Bühnentechnikers Gehirn, dem Anblick nicht stand und das ganze Apéro fand seinen Weg nach aussen. Den Jungs um mich rum wurde es auch schlecht. Alles Memmen.
Weitere Zugaben gab es nicht. Der Magen des Hobby-Bullemikers war leer und die damit verbundene Hypokaliämie mit Muskelarbeit kaum mehr medizinisch vertretbar. Die Jungs schnappten sich noch ein paar Girls um sich ans nächste Projekt zu machen, den Backstage-Bereich zu versauen.
Mein schneeweisses Kleid blieb völlig unversehrt und meine Füsse ebenso. Somit habe ich bewiesen, dass es absolut keinen Grund geben kann, warum Frauen im Sommer in der Freizeit Jeans tragen müssen. Ausser vielleicht, sie mögen kein Gratis-Bier.
Uriniert wurde übrigens dieses Mal nicht auf der Bühne.